Freitag, 30. Mai 2008

Die Frum Girls

B"H

Manchmal geschieht es, dass ein Bus neben mir an einer roten Ampel hält. Ein Schulbus voll mit haredischen (ultra – orthod.) Beit Yaakov Girls (litvische sowie chassidische Schülergruppen). Ein jeder kann mit Leichtigkeit die frommen Beit Yaakov – Schülerinnen schon von Weitem erkennen. Ihre einheitliche Schuluniform besteht aus einem dunkelblauen Rock und einer hellblauen Bluse.

Beit Yaakov – Schulen sind haredische Mädchenschulen für litvische aber auch chassidische Mädels. Jede Richtung hat ihr eigenes Beit Yaakov. Jedoch gehen nicht alle chassidischen Schülerinnen auf das Beit Yaakov, sondern in ihre hauseigenen Schulen. Beit Yaakov wird mit der Agudat Israel identifiziert, welche die Knesset – Partei "Yahadut HaTorah" stellen und Gruppen wie Belz, Gur, Vishnitz sowie die litvischen Juden enthalten.

Extreme chassidische Gruppen lehnen das Beit Yaakov – System grundsätzlich ab, da es als zu modern gilt. Außerdem findet der Unterricht in hebräischer Sprache statt, wohingegen andere chassidische Gruppen ihre Schüler ausschließlich in jiddischer Sprache unterrichten. Der männliche Gegenpart zum Beit Yaakov heißt "Talmud Torah".

Zu der Zeit als ich noch in haredischen Stadtteilen wohnte, befragte ich meine Nachbarn nach der Beit Yaakov – Schule. Die Antwort hängt immer davon ab, wen man fragt. Die litvischen haredischen Juden geben andere Antworten als, zum Beispiel, die Chassidim. Grundsätzlich aber besteht für jede Beit Yaakov – Schülerin die Pflicht, in anständiger Kleidung im Klassenraum zu erscheinen. Eine Nachbarin berichtete mir, dass ihre Tochter einmal von der Lehrerin heimgeschickt worden war, weil sie Turnschuhe trug. Turnschuhe sind ausschließlich für den Sportunterricht gedacht und stellen ansonsten keine regulären Straßenschuhe dar. Des Weiteren ist es den Schülerinnen untersagt, ihre eventuell langen offen zu tragen. Stattdessen müssen die Haare aus Anstandsgründen zu einem Zopf zusammengebunden sein, um keine negativen Gefühle bei der männlichen Lehrerschaft hervorzurufen. Falls es überhaupt eine männliche Lehrerschaft gibt, denn auf den Beit Yaakov – Schulen unterrichten fast nur Lehrerinnen.

Wenn ich sie alle zusammen im Schulbus sitzen sehe, ist fast jede von ihnen emsig mit dem Beten beschäftigt. Ob das nun aus dem Sidur (Gebetbuch) ist oder den Tehillim (Psalmen). Zumindest in Bussen, welche längere Strecken fahren.

Ich erinnere mich noch, wie ich einmal mit meiner Yeshiva (relig. Schule) auf einen Ausflug ans Tote Meer fuhr. Eigentlich war uns das Schwimmen aus Anstandsgründen allen untersagt, doch rannten einige Mädels sofort in Richtung Strand und rissen sich unterwegs die halbe Kleidung vom Leibe. Kurz darauf hielt ein Schulbus mit Beit Yaakov Girls, welche selbstverständlich nicht ins Wasser hopsten, sondern mit ihren Sidurim (Gebetbüchern) brav in eine bestimmte Ecke gingen und sofort mit dem Abendgebet Maariv begannen. Etwas beschämt schauten wir auf die Mädels, denn uns war klar, dass auch wir in der Ecke beim Gebet hätten stehen müssen. Doch schnell versuchte jede von uns diese Gedanken der Schuld zu verdrängen.

Dieser Vorfall fand vor mehr als elf Jahren statt, aber er verfolgt mich bis heute. Sobald ich einen Schulbus mit betenden Beit Yaakov – Schülerinnen sehe, fühle ich mich schuldig, weil ich nicht auch betend dasitze. Und immer noch dränge ich das Schuldgefühlt beiseite. Wenigstens ein bißchen …….

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