Sonntag, 31. August 2008

Belz gegen Machnovke


Chassidischer Tisch in Chassidut Belz (Jerusalem)


B"H

Am gerade vergangenen Schabbat waren die Straßen der ultra - orthod. Stadtteile Mea Shearim sowie Ge'ulah wieder einmal voll Handzettel gestreut. Und diesesmal hieß der Absender "Chassidut Belz" und nicht "Machnovke" wie vor einigen Monaten an Schavuot.

Vor mehr als einer Woche gedachte die chassidische Gruppe Belz dem 51. Todestag (Yahrzeit) des ehemaligen Belzer Rebben, Rabbi Aharon Rokeach. Dieser verstarb am 21. Av 1957 und liegt in Jerusalem auf dem Har Hamenuchot - Friedhof begraben. Und genau zur diesjährigen Yahrzeit wurde der Grabstein des einstigen Rebben mit Farbe beschmiert. Daraufhin informierte man bei Belz die Polizei und die Chassidim selber beschuldigen offen ihren Erzfeind, die Chassidut Machnovka (Machnovke) aus Bnei Brak.

Belz (Jerusalem) gegen Machnovke (Bnei Brak).
Eigentlich jedoch gehören die zwei verfeindeten Gruppen einer Familie an. Da ist zum einen der derzeitige Belzer Rebbe, Rabbi Yissachar Dov Rokeach, welcher in Jerusalem residiert. Und zum anderen der derzeitige Rebbe von Machnovke, Rabbi Yehoshua Rokeach aus Bnei Brak bei Tel Aviv.

Meinen Informationen nach begann der Streit zwischen den beiden Gruppierungen noch zu Lebzeiten des einstigen Rebbe Aharon Rokeach sowie dessen Bruder, Rabbi Mordechai Rokeach. Damals gaben einige rebellische Belzer Chassidim bekannt, dass sie einen etwaigen Rebben Mordechai niemals als Nachfolger seine Bruders Aharon akzeptieren würden. Insgesamt soll ein ziemlich mieses Spiel gegen Rabbi Mordechai Rokeach gelaufen sein.

Später, nach dem Tode der beiden Brüder, wurde der Sohn Rabbi Mordechais, Rebbe Yissachar Dov Rokeach, der neue Belzer Rebbe. Eine Position, die er bis heute inne hat. Die Konsequenz war, dass einige der Rebellen die Gruppe verliessen und zu Machnovke wechselten. So heißt es bis heute: Machnovke und seine Rebellen gegen die Chassidut Belz. Einen weiteren Höhepunkt fand der Streit zur letzten Yahrzeit des ehemaligen Rebben als einer der Rebellen, Eli Englander, aus London anreiste, um am Grabe Rebbe Aharon Rokeachs zu beten. Einige Belzer Chassidism erwischten und verprügelten ihn daraufhin. Nun sind Machnovke und Belz völlig außer Rand und Band.

Ob Machnovke wirklich das Grab des einstigen Belzer Rebben geschändet hat oder nicht - Ich bin der Meinung, dass das Verhalten beider Gruppen keine Rechtfertigung findet. Seit gestern Abend befinden wir uns im Monat Elul (Monat der Umkehr zu G - tt) und niemand sollte schon allein deswegen Farbe auf Gräber schmieren oder mit Schmähpamphleten um sich werfen. Es ist verständlich, dass man in Belz sauer ist, denn man sucht sein Recht, die Dynasty, den Rebben sowie die Ehre zu verteidigen. Andererseits sprach ein offizielles Urteil den Machnovkern zu, sich "Belz - Machnovke" nennen zu dürfen.

Wenn man sich schon nicht ausstehen kann, dann sollte es doch möglich sein, sich wenigstens zu ignorieren, um jede weitere Provokation zu vermeiden. Aber stattdessen geht alles weiter wie gehabt. Es ist traurig, solch einen Streit miterleben zu müssen.



Chassidut Machnovke in Bnei Brak

Kuchen in Karlin - Stolin

B"H

Eingeladen bei den Karlin - Stoliner Chassidim:

http://hamantaschen.blogspot.com/2008/08/kuchen-in-karlin-stolin.html

Freitag, 29. August 2008

Yahrzeit in Belz

B"H

Ende der vergangenen Woche besuchte der derzeitige Rebbe der Chassidut Belz, Rebbe Yissachar Dov Rokeach, das Grab seines Onkels und früheren Belzer Rebben, Rabbi Aharon von Belz.

Der diesjährige 21. des jüd. Monat Av war die 51. Yahrzeit (Todesgedenktag) des früheren Belzer Rebben Aharon Rokeach, der auf dem Jerusalemer Har Hamenuchot Friefhof begraben liegt.

Zu aller Unglück wurde dessen Grab von Unbekannten geschändet und die Polizei ermittelt. Klar, dass die Belzer Chassidim über diesen Akt außer sich sind.


Kiddusch Levana in der großen Belzer Synagoge in Jerusalem mit Rebbe Yissachar Dov Rokeach in der Mitte.

Das vergessene Zarki



B"H



Lucja Morawska nahm diese Photos in Zarki (nahe LELOV, in West Galizien) auf.




Händler in Zarki (ca. im Jahre 1936)



Jüdischer Friedhof in Zarki (West Galizien)












Es ist traurig, welcher einmalige Teil jüdischer Geschichte mit dem Holocaust in Osteuropa unterging.

Aufruf in Karlin - Stolin


Karliner Chassidim an Purim Schuschan in Jerusalem


B"H

Morgen früh (Schabbat) während des Morgengebetes Schacharit findet ein weiterer Aufruf statt. Dieses Mal bei der chassidischen Gruppe Karlin - Stolin in Mea Shearim.

Ein Aufruf ist eine feierliche Zeremonie / Tradition bei der ein Chassid, welcher in der Woche nach dem jeweiligen Schabbat heiratet, zur Thoralesung aufgerufen wird.

Nein, die Karliner verheiraten diesesmal keinen Verwandten ihres Rebben, sondern ein regulärer Chassid verheiratet seinen dritten Sohn. Ich kenne den Chassid (Vater des Bräutigams) persönlich und traf ihn gerade im Zentrum von Jerusalem, wo er mich zur morgigen Feier einlud.

MAZAL TOV


Donnerstag, 28. August 2008

Feiern in Ruzhin - Boyan

B"H

Da einer der Söhne des Boyaner Rebben am Dienstag heiratete, finden gerade die traditionellen "Sheva Berachot" statt. Allabendlich wird das frischgebackene Brautpaar sieben Tage lang zu Feiern eingeladen.

Am morgigen Freitag, Erev Schabbat, finden in der chassidischen Gruppe Ruzhin - Boyan öffentliche Sheva Berachot statt. Die Zeremonie beginnt um 23.30 Uhr in der Boyaner Synagoge in Ge'ulah, Jerusalem (Malchei Israel Street). Am Tag darauf gibt es zur dritten Schabbatmahlzeit (Se'udat Shlishit) einen chassidischen Tisch mit dem Boyaner Rebben.



Die grosse Boyaner Synagoge im Jerusalemer Stadtteil Ge'ulah.

Ruzhin - Boyan pflegt den Brauch, den Tisch des Rebben zu unterschiedlichen Zeiten zu zelebrieren. Im Sommer zur dritten Schabbatmahlzeit (Se'udat Shlishit) und im Winter am Freitag abend (Erev Schabbat).

Persönlich treffe ich mich am kommenden Sonntag mit einem Boyaner Chassid, um ihn zu einigen Themen zu interviewen.

Mittwoch, 27. August 2008

Yahrzeit des Satmarer Rebben

B"H

Details zur Chassidut Satmar

Heute ist der 29. Todesgedenktag (Yahrzeit) des berühmten und nach wie vor verehrten Satmarer Rebben, Rabbi Yoel Teitelbaum.

Der Rebbe und seine Frau Feiga sind in Kiryat Yoel (nahe New York) begraben. Es wäre interessant zu erfahren, ob auch die Anhänger des derzeitigen zweiten Satmarer Rebben, Rabbi Zalman Leib Teitelbaum, ihren Weg nach Kiryat Yoel finden.

Vielleicht verursacht ja die Yahrzeit des Rebben Yoelush einen kleinen Friedensakt zwischen den zwei verfeindeten Parteien. Zu wünschen wäre es jedenfalls.

Anmerkung:
Seit dem Tode des Satmarer Rebben Moshe Teitelbaum (im Jahre 2006) streiten sich seine beiden Söhne, Rabbi Aharon Teitelbaum sowie Rabbi Zalman Leib Teitelbaum, um die offiziell anerkannte Nachfolge. Der Streit ging schon vor ein amerikanisches Zivilgericht, fand jedoch kein befriedigendes Urteil. Seither ist die chassidische Gruppe Satmar in zwei Lager gespalten und jeder der beiden Brüder leitet je einen eigenen Bezirk.

Rebbe Aharon Teitelbaum regiert über Kiryat Yoel und Rebbe Zalman Leib Teitelbaum sitzt in Williamsburgh (ebenso New York).

Das vergessene Shtetl LELOV

B"H

Diese Bilder von Malchut Lelov (Chassidut Lelov) wurden von Lucja Morawska aufgenommen. Freundlicherweise gab mir Lucja die Erlaubnis, ihre Photos ins Internet zu stellen, wofür ich ihr sehr dankbar bin.

Falls jemand aus der Leserschaft mehr über die Chassidut Lelov weiß, kann er sich gerne melden !!!




Dieses Photo mit Erinnerungskerze wurde am Grabe des Rebben von Lelov am 1. April 2008 in Polen aufgenommen.


Lucjas Kommentar zu dem Photo:
The grave yard doesn't exist any more and matzevot have been used by Nazis to pave the roads. The tomb itself has been located uncovered at the back of small hardware shop for at least 50 years.Inside there's no room for more than 5 people and you can imagine that while praying everyone would like to be as close as possible...this is what's left from the former glory of shtetl...



Das Grab des großen Lelover Rebben, Rabbi David von Lelov.



Heutiger Marktplatz in Lelov / Polen.



Lelov / Polen




Einer der letzten noch existierenden jüdischen Grabsteine in Lelov.




Inschrift "LELOV" am Eingang zum Grab.




Moderne Gebetbücher, welche die Besucher am Grab ließen.

Dienstag, 26. August 2008

Feministin Par Excellence

B"H

In der orthodoxen jüdischen Gesellschaft wird stetig von Feminismus geredet. Nicht unbedingt die orthodoxen Frauen selbst beteiligen sich an der Diskussion, sondern vielmehr werden von völlig Außenstehenden Zweifel an der Gesellschaft angemeldet. Wie stehen orthodoxe Männer zu ihren Frauen ?
Hierüber kann ein jeder ellenlange Berichte verfassen und im Endeffekt läuft alles immer auf eines hinaus: Es kommt auf den jeweiligen Mann und die Frau an. Alles nur über einen Kamm scheren geht nicht immer und man ist gezwungen, sich hinzusetzen und viele Individualfälle zu analysieren.

Der Autor Tzvi M. Rabinowicz gibt in "The Encyclopedia of Hasidim" ein ausgezeichnetes Beispiel für eine weibliche Selbstverwirklichung in der Geschichte des Chassidismus. Adel, die Tochter des Baal Shem Tov selbst mag den meisten Leuten völlig unbekannt sein; doch zu Lebzeiten war sie eine herausragende und anerkannte Persönlichkeit.

Adel (ca. 1720 - ca. 1787) war die einzige Tochter des Baal Shem Tov und dessen Frau Channah. Der Baal Shem Tov liebte zu sagen, dass er die Buchstaben des Namen "Adel" der Thora entnahm (Esh Daat Lamo). Schnell zeigte sich Adels Intelligenz und ihr Vater liebte sie abgöttisch.

Nachdem Adel's Mutter Channah verstarb, kümmerte sich die Tochter um ihren Vater und als er krank wurde, pflegte sie ihn bis zu seinem Tode. Die Chassidim des Baal Shem Tov nahmen Adel durchaus ernst und sie hatte einen festen Platz innerhalb des Anhängerzirkels. Später heiratete sie Rabbi Yehiel Ashkenazi und die beiden betrieben einen kleinen Laden.

Adel und Rabbi Yehiel hatten zwei berühmte Kinder - Rabbi Moshe Chaim Ephraim von Sudzilkov und Rabbi Baruch von Medzibozh. Ihre Tochter Feiga (Feigi) wurde die Mutter von Rabbi Nachman von Breslov. Somit ist Rabbi Nachman der Urenkel des Baal Shem Tov.

Bei den Breslover Chassidim ist es eine alte Tradition, den Kindern bestimmte Namen zu geben. Aufgrunddessen wird man in fast jeder Breslover Familie einen "Nachman" sowie eine "Feiga" finden.

Montag, 25. August 2008

Mitteilungen der Edah HaCharedit

B"H

Mitteilungen der anti - zionistischen Edah HaCharedit





Kongress der Edah HaCharedit in Mea Shearim




Sonntag, 24. August 2008

Die WAHRHEIT

B"H

Im ultra - orthod. Mea Shearim hängt ein relativ neuer Pakshivili (Mitteilungsposter) aus. Der Text ist extrem lang und man benötigt schon einige Zeit, um alles durchzulesen.

Ich las nur einige Teile und war keineswegs erstaunt. Das Poster trägt den Titel "Die WAHRHEIT - HaEmet", jedoch bleibt der Absender relativ ungenannt.

"Der Schababnik (1), der Oberrabbiner der Kotel (Klagemauer), Rabbi Shmuel Rabinovitch, zeigt sich der israelischen zionistischen Regierung gegenüber zu kooperativ. Er glaubt, dass die Kotel nur ihm gehöre und er das alleinige Sagen habe, aber dem sei nicht so. Rabbi Rabinovitch tut alles, um die zionistische Regierung zufrieden zustellen, selbst wenn dadurch die Heiligkeit (Kedusha) des Platzes angegriffen wird".

Schon vor einigen Jahren erzählte mir jemand Zuverlässiges, Rabbi Rabinovitch erhalte Geld von diversen christlichen Organisationen, um so deren Mitglieder vor einem Rauswurf von der Kotel zu beschützen. Selbst wenn orthod. Juden sich ueber seltsam verhaltende fanatische Christen beschweren, Rabinovitch stehe auf der Seite der Andersgläubigen.

Besonders überraschen täte mich diese Behauptung nicht, denn spenden christliche Organisationen doch schon genügend an den nationalrelig. Radiosender ARUTZ 7 genauso wie an "The Jerusalem Post".

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(1) Shabbabnik: Jemand, der religiös ausschaut, es aber nicht ist: http://hamantaschen.blogspot.com/2007/01/der-shababnik.html

Feste und Kopfbedeckungen

B"H

Besuch in der Karlin - Stolin Synagoge,
Aufruf in Boyan
und
eine Frauendiskussion in einem Hinterhof von Mea Shearim.


http://hamantaschen.blogspot.com/2008/08/feste-und-kopfbedeckungen.html

Sonntag, 17. August 2008

Der Meschiach zieht um


Außenansicht der Meschichistenniederlassung in der Ben Yehudah



B"H

Die Chabad - Meschichisten (jene Chabadnikim, die glauben, dass der letzte Rebbe Menachem Mendel Schneerson der Meschiach ist) ziehen in ca. zwei Monaten um. Von der Jerusalemer Ben Yehudah Nr. 5 ans Ende der benachbarten Rivlin Street.

Der Meschiach zieht also fort aus der Fußgängerzone und ich werde die wilden Meschichisten - Plakate vermissen. Wenn auch total durchgeknallt, irgendwie gehörten sie doch zum Straßenbild.



Eingang vom Treppenhaus in der Ben Yehudah Nummer 5



Tanzende Chabad - Meschichisten in der Ben Yehudah (mit gelber "Meschiach - Flagge")







Publikumsmagnet "Chabad - Meschichisten"

G - ttesdienst bei Karlin – Stolin

B"H

Yeshivot (relig. Schulen) sind wegen der Sommerpause noch bis zum jüdischen Monat Elul (Anfang September) geschlossen. Dies ist die übliche relig. Routine; nach dem Fastentag Tisha Be' Av bleibt alles bis Elul geschlossen. In manchen Yeshivot nicht ganz, denn hier und da laufen spezielle Kurse weiter. Die haredische (ultra – orthod.) – litvische Jerusalemer Frauenyeshiva "Neve Yerushalaim" schließt in diesem Sommer gar nicht, sondern der Unterricht läuft regulär weiter.

Viele chassidische Rebben dagegen haben sich schon im Juli verabschiedet. Sie reisen im Ausland (USA, Belgien, Schweiz, Österreich oder in England) herum. Entweder um Ferien zu machen, Spendengelder zu sammeln oder gleich beides. Insbesondere kleinere chassidische Gruppen wie die Toldot Aharon, die Toldot Avraham Yitzchak oder Dushinksy sind auf Spendengelder angewiesen. Bei den Toldot Aharon heißt der große Spender Rebbe Aharon Teitelbaum von der Chassidut Satmar; bei den Avraham Yitzchak ist es ebenso Satmar, doch lautet der Rebbe hier Rabbi Zalman Leib Teitelbaum.

Aufgrunddessen geht es in diesen Wochen im chassidischen Bereich leider etwas ruhiger zu. Sieht man einmal von einer Hochzeit bei den Boyaner Chassidim in der kommenden Woche ab. Obwohl es aber kaum chassidische Tische gibt, geht der Synagogeng – ttesdienst wie gewohnt seinen geregelten Gang. Länger habe ich nicht berichtet, doch seit Monaten gehört bei mir die Jerusalemer Synagoge der Gruppe Karlin – Stolin zum freitagabendlichen Pflichtprogramm. Immer wenn ich in Jerusalem weile und nichts anderes vorhabe, gehe ich vor dem Schabbatessen zu Karlin – Stolin in die Yoel Street in Mea Shearim (gleich gegenüber den Satmarern des Rebben Zalman Leib Teitelbaum).

Unbedingt imposant schaut die große Synagoge der Karliner nicht gerade aus. Eher recht neu und betonklötzig. Wie üblich ist der Männereingang leicht zu finden, doch der für die Frauen ist unbeschreibbar, wenn man es nicht selber sieht. Von der Yoel führt eine winzige Seitengasse um das Gebäude herum und genau dort befindet sich der Fraueneingang. Zuerst jedoch muß man noch eine ewig lange Treppe bewältigen.

Helles Holz bestimmt die Inneneinrichtung im unteren Männerbereich. Der Aron HaKodesh (Thoraschrein) ist riesig und zieht sich über die gesamte Wand hin. Alles in dem gleichen hellen Holz gehalten und dazu mit Schnitzereien verziert. Ein Chassid ein anderen chassidischen Gruppe meinte einmal lakonisch zu mir, ob ich mir denn bei Karlin – Stolin einen Hörschutz für die Ohren mitnehmen.
Und genau das ist es, was die Karliner so einzigartig macht: ihr lautes euphorisch – ekstasisches Gebet. Man muß schon einige Male dabeisein, um den G – ttesdienstinhalt richtig mitzubekommen. Woanders werden der "Yedid Nefesh" oder "Lecha Dodi" mit verschiedenen Melodien gesungen, bei Karlin – Stolin wird alles ekstasisch herausgeschrien. Betende Männer biegen ihre Körper nach hinten und schreien in die Luft zu G – tt hinauf. Wer einmal ein richtiges chassidisches Gebet sehen will, der darf die Karliner nicht auslassen. Sie sind berühmt für ihre Art des Betens und nebenbei will ich erwähnen, dass die Karliner nicht nur aus Karlin – Stolin bestehen, sondern ebenso aus ihrer kleinen Abspaltung Karlin – Pinsk.

Schon allein wegen der einzigartigen Atmosphäre liebe ich Karlin. Am letzten Freitag war ich wieder dort und die Chassidim waren mitten im Gebet, was man schon von Weitem hören kann. Normalerweise kommt die Mehrheit der Karliner Frauen erst zum Schabbatmorgen in die Synagoge und von daher treffe ich an den Abenden am Freitag (Erev Schabbat) meist nur auf die gleichen zwei oder drei Frauen. Eine junge Amerikanerin von in Karlin New York, mit der ich schon einige Male sprach und die manchmal meine engl. Site liest. Eine weitere Karlinerin und eine etwas ältere Dame (ebenso von der Gruppe). Freitag traf ich nur auf die Dame, die ihre zwei Enkelinnen dabei hatte. Besagte Dame liebt es, wenn jemand mit ihr redet und sie beantwortet alle Fragen. Mehr als bereitwillig und noch darüber hinaus.

Nach dem G – ttesdienst kam sie zu mir und fragte, ob es nicht ein toller Karliner Bracu sei, wenn die kleinen Jungs sich am Freitag abend in der Synagoge versammeln und nach dem G – ttesdienst kleine Geschenke bekommen.

"Das ist alles kleines Spielzeug, was sie da bekommen, denn vor dem Kiddusch (Segnung des Weines vor dem Schabbatmahl) darf man ja nichts essen und somit bekommen die Kinder nichts Süßes, sondern kleines Plastikspielzeug".

Ich merkte an, dass ich den Brauch sehr originell finde und jedesmal schaue ich mir das Verteilen der kleinen Geschenke immer wieder gerne an. Kurz vor G – ttesdienstende versammeln sich die kleinen chassidischen Jungen vor dem Aron HaKodesh und warten mehr oder weniger geduldig auf das Austeilen. Einer ihrer Lehrer teilt dann das Plastikspielzeug a la Überraschungsei (oder auch etwas mehr) aus. Die Karliner Mädels bekommen ihre Geschenke beim Morgeng – ttesdienst am nächsten Tag.

Eifrig erklärte mir die ältere Dame den Brauch und ich überlegte schon, ob ich nicht anmerken solle, dass auch bei anderen chassidischen Gruppen dieser Brauch durchaus üblich ist. Ich ließ es dann aber lieber. Zum Schluß meinte die Dame, dass das ja überhaupt alles durch Spendengelder finanziert sei. "Es gibt Leute, die geben extra Geld dafür", meinte sie stolz.

Äh, war das jetzt nur eine Bemerkung oder eine Anspielung ?

Mittwoch, 13. August 2008

Versteckspiel

B"H

Eines Tages traf Rabbi Nachman von Breslov auf ein weinendes Kind. Der Rabbi fragte das Kind, warum es denn weine und dieses antwortete, dass es zusammen mit anderen Kindern Versteck gespielt habe. "Und warum weinst Du dann ?", hakte Rabbi Nachman nach. "Wei niemand gekommen ist, um mich zu suchen".

Rabbi Nachman erklärte den Vorfall seinen Anhängern folgendermassen:

Die Beziehung "G - tt - Mensch" gleicht einem wahren Versteckspiel. Wir Menschen müssen uns ebenso alltäglich aufmachen G - tt zu suchen. Dieser verbirgt Sich und wird besonders in der Kabbalah sowie im Chassidismus als "verborgener G - tt" dargestellt. G - tt hat weder Form noch ist er materiell und bewegt sich einzig und allein auf spiritueller Basis.

Unsere Lebensaufgabe sowie Grund der Existenz besteht darin, G - tt näher zu kommen. Dies geschieht anhand von Gebet und der Erfüllung der Thoramitzwot. In dem Moment, in dem ich mich von G - tt absondere und meine eigenen Wege gehe, behandele ich Ihn wie die anderen Kinder das weinende Kind. G - tt "fühlt" sich genauso, denn niemand kommt Ihn suchen.

Die Thora, die Schriften der Propheten sowie die Kabbalah und der Talmud sind ein einziges Versteckspiel mit verborgenen Hinweise und Inhalten. Mit dem ausführlichen und richtigen Lernen der Inhalte bzw. der Ausübung der Mitzwot begeben wir uns automatisch auf die Suche nach G - tt und ziehen so seine Schechinah (Anwesenheit) in die unsere materielle Welt.

Dienstag, 12. August 2008

"Aufruf" in Boyan

B"H

Bei der chassischen Gruppe Ruzhin - Boyan findet am übernächsten Schabbat (Parashat Ekev) ein "Aufruf" statt.

Der Sohn des Rebben wird heiraten und am Schabbat vor der eigentlichen Hochzeit ist es üblich, den zukünftigen Bräutigam zur Thora aufzurufen.

Mittwoch, 6. August 2008

Kleine Einblicke in den Messianismus

B"H

Das frühe 19. Jahrhundert brachte enorme Veränderungen für die europ. Juden mit sich. Sie strebten nach Gleichberechtigung und wollten nicht nur das letzte Rad am Wagen hinter der nichtjüdischen Bevölkerung sein. Parallel dazu tobte die Haskalah (Aufklärung) und das gleichzeitige Aufkommen der Reformbewegung. Immer mehr Juden assimilierten sich, denn so erhofften sie sich eine Form der Gleichberechtigung. Und war das Shtetl nicht längst tot ? Viele deutsche Juden und polnische Juden zog es in den Bann der Haskalah. Man dachte akademisch und nicht an G - tt. Die Juden in Ungarn, Rumänien oder der Ukraine standen jedoch fast voll und ganz hinter der Thora und viele Rabbiner wehrten sich gegen die Reformer.

Aus den gleichen Rechten für alle wurde jedoch nicht viel, denn vielmehr trat das Gegenteil ein: es kam zu immer mehr Pogromen. Insbesondere in Osteuropa. Irgendwann reichte es vielen Juden und sie besannen sich auf das Land Israel. Die Rede ist dabei nicht von den Säkuleren, sondern von den Orthodoxen und sogar den Chassidim. Und ausgerechnet zu der Zeit kam es, wie schon unzählige Male zuvor, zu einer erneuten Berechnung des Messianischen Zeitalters. Im Jahre 1840 nämlich sollte der Meschiach kommen.

Wieviele Male hatte man das im Zeitverlauf der jüdischen Geschichte nicht schon angekündigt ? Das letzte große Jahr, in dem Meschiach erscheinen sollte, war das Jahr 1648. Alle warteten sehnsüchtig, doch wurde gerade dieses Jahr ein Katastrophenjahr für die Juden, denn die Chmielnicki - Pogrome brachten mehr als Hunderttausend Juden den Tod. Später nahm es der chassidische Rabbiner, Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz (der Seher von Lublin) auf sich, durch seine guten Taten den Meschiach zu bringen. Des Weiteren ging zu der Zeit Napoleon in Europa um und viele chassidische Rabbiner kommentierten seine Kriege und Eroberungen als den Krieg "Gog und Magog".
Rabbi Horowitz jedenfalls scheiterte in seinem Vorhaben und landete in einer Depression.

Nun sollte das Jahr 1840 endlich den erwarteten Meschiach bringen. Warum gerade das Jahr ?

Weil das weltliche Jahr 1840 das jüdische Jahr 5600 ergibt. Das kabbalistische Buch ZOHAR hatte dieses Jahr als das Jahr des Meschiach angegeben. Aus diesem Grunde machten sich vor 1840 viele Juden nach Israel auf, um den Meschiach zu erwarten. Selbst Juden aus der Türkei und Nordafrika zeigten sich von den Idee begeistert.
Die prominenteste Gruppe, die nach Israel kam, waren wahrscheinlich die Anhänger des Vilna Gaon (Rabbi Eliyahu von Vilna), die sich bereits im Jahre 1813 mit 511 Seelen in Israel niederliessen. Ziel dieser Gruppe war es, durch gute Taten die Ankunft des Meschiach einzuleiten und so sicherzustellen, dass er auch tatsächlich kommt. Es ist ein biblisches Gebot, dass ein Jude in Israel leben muß. Außerdem sollte Jerusalem wieder aufgebaut werden. Professor Yehudah Liebes von der Hebräischen Universität Jerusalem deckte auf, dass ein Anhänger des Vilna Gaon, Rabbi Menachem Mendel von Shklov, in seinem Lehrer (dem Vilna Gaon) den wahren Meschiach sah. Schabbtai Zvi hatte versagt und landete stattdessen in dunklen sündhaften Gefilden, doch war nicht der Vilna Gaon der perfekte Ersatz in der Neuzeit ?

Gerade zu der Zeit vor ca. 200 Jahren kamen vermehrt messianische Ideen auf. Nicht nur wegen der entstandenen chassidischen Bewegung, sondern die Welt an sich unterlag enormen Veränderungen. Die Französiche Revolution, das aufkommenden Industriezeitalter; all dies verunsicherte die Menschen und lesen wir Juden nicht im Talmud, dass die Zeit kurz vor dem Eintreffen des Meschiach gewaltigen Veränderungen unterliegt ? Selbst die aufkommende Reformbewegung wurde von vielen Juden als Grund für das Kommen des Meschiach gesehen. Die Reformbewegung ist eine Abspaltung des Judentums und wer könne schon mit ihr leben ? Aufgrund all der Gründe lag der Gedanke nahe, dass Meschiach unterwegs sei.

Im Sommer des Jahres 1832 ging in Europa eine Choleraepidemie um. Händler reisten daher in keine fremden Ortschaften mehr und so kam es zu einer Verarmung vieler Bevölkerungsteile. Viele europ. Länder kämpften für ihre Unabhängigkeit und wenn man all dieses historische Drumherum betrachtet, dann erkennt man schnell weitere Gründe für die Flucht vieler Juden zurück in ihre Heimat Israel. Der Messianismus war die Spitze des Eisberges.



Der Messianismus der Zeit sowie der chassidische Messinianismus sind breitgefächerte Themen, welche immer wieder separat in Länge angesprochen werden müssen und sollten.

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Quelle:

"Hastening Redemption" by Arie Morgenstern

Sonntag, 3. August 2008

Die Nationalreligiösen machen mobil

B"H

Jerusalem ist vollgepflastert mit Plakaten des nationalrelig. Movements. Mehr als zwanzig ihrer Rabbiner, darunter auch der ehemalige sephardische Oberrabiner Ovadiah Yosef, rufen die Bevölkerung per erlassener Halacha auf, keine palästinensischen Arbeiter mehr zu beschäftigen.




"Gebt ihnen keine Traktoren (Bulldozer) mehr, gebt ihnen kein Einkommen und keine Arbeit mehr" !
So lautet es u.a. auf den Plakaten.

Der Grund sind die zwei letzten Attentate, welche paläst. Terroristen per Bulldozer ausführen konnten, da sie auf dem Bau arbeiten. Seit Jahren schon verlangen Rabbiner, keine Palis mehr zu beschäftigen, doch für Baufirmen sind sie oft unersetzlich, denn kaum ein jüd. Israeli will heute noch auf dem Bau schuften. Dazu kommt, dass die Palis wesentlich billiger sind und so weniger Kosten verursachen.

Aber nicht nur auf dem Bau arbeiten Palis. Privatleute holen sie sich genauso in ihre Wohnungen und beschäftigen sie schwarz. Man rufe lieber einen palästinensischen Arbeiter, der die Wohnung renoviere als einen jüdischen, welcher mindestens doppelt so teuer wäre. Und so dreht sich das Rad unentwegt weiter und ich persönlich sehe keine allzu großen Chancen für die neu erlassene Halacha. Palästinenser werden weiter beschäftigt werden, außer bei jenen Vereinzelten, welche die Plakate sehr ernst nehmen.

Ideologisch ist es sicher an der Zeit, Juden zu beschäftigen. Die Realität schaut jedoch so aus, dass ein jeder im Endeffekt nur wieder auf seinen Geldbeutel schaut und dabei preismäßig die Palis günstiger bei wegkommen.


Link:

http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/127033

Ge'ulat Meschiach

B"H

Beim gestrigen Schabbatessen lernte ich wieder eine neue Chabad - Vokabel. Allerdings muß ich zugeben, dass ich mir nicht sicher bin, ob es sich hierbei nur um eine Chabad - Vokabel handelt oder ob andere chassidische Richtungen diese besondere Abkürzung genauso benutzen. Wer Genaues weiß, kann mir dies gerne mitteilen.

Der neben mir sitzende Chabadnik zumindest erklärte mir die Abkürzung
"GE ' UMASCH".

Ge'umasch bedeutet ausgeschrieben: "Ge'ulat Meschiach - Die Meschiach - Erlösung oder Erlösung durch den Meschiach".
Das hebrä. Wort "Ge'ulah" bedeutet die Zeit nach der Ankunft des Meschiach.

Die Jerusalemer

B"H

Vielerseits liessen mir Chassidim ihre Meinungen über "Jerusalemer Chassidim" zukommen. In Jerusalem herrschen oft teilweise unterschiedliche Mentalitäten oder Kleidungsstile. Was ein Chassid in Bnei Brak, New York oder anderswo noch tolerieren kann oder als ganz selbstverständlich betrachtet, gilt nicht unbedingt für einen Jerusalemer Chassid.

Die richtigen alten Jerusalemer Chassidim tragen, u.a., ebenso unterschiedliche Kleidung und von daher erscheinen meine Beschreibungen manchmal abweichend von Chassidim in anderen Orten. Zum Beispiel sind die Chassidim der Toldot Aharon nur in Jerusalem an ihre Kleidung gebunden. In Bnei Brak etc. hingegen, können sie andere Kleidung tragen.

Ganz offensichtlich wird dies bei den Schomrei Emunim, einer weiteren Abspaltung der Toldot Aharon. In Mea Shearim kleiden sich die Männer am Schabbat in ihren goldbrauenen seidenen Kaftan. In Bnei Brak dagegen tragen sie einen normalen schwarzen Kaftan (für Experten: noch nicht einmal eine "Bekishe").

Die Mentalitäten unterscheiden sich dahingehend, dass die Jerusalemer aus Mea Shearim weniger nach außen gerichtet sind. Eben weil es ihnen dort möglich ist, die Außenwelt fernzuhalten bzw. sich nicht zu sehr nach außen orientieren zu müssen.