Sonntag, 29. März 2009

Yeshivat Derech HaMelech in Jerusalem


Yeshivat Derech HaMelech

B"H

Eine Yeshiva ist eine relig. Schule. Eigentlich bezeichnet der Ausdruck "Yeshiva" ein Lehrinstitut für die männliche Riege und "Seminar oder Michlalah" ist das weibliche Gegenstück. Im überwiegend englischen Sprachgebrauch ist es jedoch durchaus üblich, ein Institut für die Weiblichkeit genauso Yeshiva zu nennen.

Vor einigen Jahren war ich selbst noch Studentin in einer Yeshiva. Was heißt in einer ? Genau genommen war ich in mehreren, abgesehen vom vorherigen Yeshiva - Shopping (dem Suchen und Anschauen mehrerer Yeshivot, um die richtige für seine Ansprüche auszuwählen).

Um mich einmal auf die männliche Garde zu konzentrieren:

Im englischensprachigen Bereich der Yeshivot Jerusalems finden meist leider nur zwei Einrichtungen hohe Beachtung. Einerseits liegt das an deren Werbung und andererseits halt daran, dass sie die meisten Schüler und somit viel Mundpropaganda haben. In Jerusalem aber gibt es nicht nur AISH HATORAH oder OHR SAMEACH, sondern eben noch weitere Yeshivot oder Programme. Ganz zu schweigen einmal von der ernsthafteren MIR - Yeshiva. All diese drei Einrichtungen sind litvisch - haredisch und nur für junge Männer ab 18 Jahren. Halachischer Jude zu sein ist Zugangsvoraussetzung. Daneben sollte der Bewerber engl. oder hebräische Sprachkenntnisse besitzen. Obwohl die Yeshivot Geld kosten, werden Stipendien ausgegeben oder man unterschreibt ein Formular mit der "Moral Obligation - Moralische Verpflichtung" - was bedeutet, dass wenn man einmal in der Zukunft Geld haben sollte, man doch der Yeshiva einiges nachzahlt. Bei den drei bisher genannten Yeshivot wird kaum wegen Geldmangels abgewiesen !

Wie schon erwähnt, lohnt es sich, sich ebenso nach anderweitigen Yeshivot umzuschauen. Zwar bieten Aish und Ohr Sameach ein vollständiges Anfängerprogramm, doch sollte der Lernwillige gleichfalls in die Zukunft schauen und nach Lernfortschritten streben. Und wer sich für den litvisch - haredischen Weg entscheidet und gerne weisse Hemden und schwarze Anzüge trägt, der findet in Jerusalem eine reichliche Yeshiva - Auswahl.

Die MIR ist da schon etwas gehobener als AISH oder OHR SAMEACH. In der vergangenen Woche sah ich mir eine haredische Yeshiva im haredischen Stadtteil Kiryat Mattersdorf an, die es sicher wert ist, dass man sie einmal vorstellt. Überhaupt kommen im Internet leider oft kleinere Yeshivot zu kurz.

Die Yeshiva "Derech HaMelech" befindet sich in einem kleineren Gebäude gleich an der Hauptstraße von Kiryat Mattersdorf, der Sorotzkin Nr. 16, gelegen. "Derech HaMelech", das bedeutet soviel wie "auf dem Wege des Königs", wobei mit dem König selbstverständlich G - tt gemeint ist.

Ich traf mich zu einem Gespräch mit dem Verwalter der Yeshiva, mit Raphael Kalish, der mir einige Detailfragen beantwortete. Zuerst erweckte alles den Eindruck als sei ich als weibliches Wesen etwas fehl am Platze in dem Gebäude, doch im Nachhinein bestätigte sich das nicht. Im Gegenteil, der Rapahel Kalish war überaus aufgeschlossen und gab freudig Auskunft.

"Derech HaMelech" wurde erst vor vier Jahren von Rabbi Baruch Gartner ins Leben gerufen und derzeit lernen dort 35 Studenten. Die englische Sprache ist Grundvoraussetzung, ein Alterslimit wie bei vielen anderen, gibt es hingegen nicht. Jeder ab 18 Jahre aufwärts kann dort solange lernen, wie er will. Die Yeshiva verfügt über Dormitories (Wohngelegenheiten) !

Die Yeshiva nimmt sogenannte FFB's auf. "Frum from Birth - von Geburt an religiös", aber auch die BT's haben die gleiche Aufnahmechance (die Baalei Teshuva - erst im späteren Verlauf des Lebens relig. gewordene). In der Regel stammen die Studenten aus Südafrika, den USA oder England, doch jeder, egal woher, ist herzlich willkommen.
Die Ideologie und die Lehren basieren bzw. vermitteln das haredische Judentum mit einem chassidischen Touch. Und das ist das ganz Besondere, denn nicht jede litvische Yeshiva bietet gleichzeitig chassidische Lehren an. Obwohl heutzutage ein enormer Bedarf an Spiritualität und Chassidismus herrscht und selbst AISH deswegen schon kleine Chassidismussparten einführen musste, kommt der Chassidismus in der litvischen Welt gänzlich zu kurz. "Derech HaMelech" will das ändern und einen weiteren Überblick schaffen.

Auf dem Stundenplan der Yeshiva sind jedoch täglich "nur" eine einzige Stunde Chassidismus zu finden; wie denn das zu verstehen sei, fragte ich Raphael Kalish. "Wenn Du Dir die chassidische Vergangenheit anschaust, sagte er, dann wirst Du feststellen, dass eigentlich alle Gruppen und deren Yeshivot nicht dasassen und ausschließlich Chassidut lernten. Thora & Talmud standen auf dem Programm. Die Einzigen, die mehr Chassidismus lehrten waren Chabad sowie Breslov. Andere gaben ihren Schülern die regulären Thoraeinblicke allerdings mit chassidischem Touch. Und so geschieht dies auch bei uns im Hause. Wer jedoch von unseren Schülern zusätzlich lernen will, der kann das auf eigene Faust gerne tun".

Ob die Studenten hinterher oder noch während der Studien eine chassidische Laufbahn einschlagen ? Sprich, sogar Mitglied in einer chassidischen Gruppe werden ?

Gibt es durchaus und ein ehemaliger Schüler, der nach Monsey (New York) zurückkehrte, wurde dort Mitglied der extremen chassidischen Gruppe Toldot Aharon. Insgesamt jedoch wenden sich diejenigen, die beabsichtigen, sich einer chassidischen Gruppe zu nähern, an vollkommen offene kleine Gruppen. Auch besteht die Mehrheit derjenigen auf dem "Two Footed Principle - Zwei Beine - Prinzip", welches bedeutet, dass man mit einem Bein in der chassidischen und mit dem anderen in der unseren weltlichen Welt steht. So jedenfalls liessen sich zwei innere Lebensweisen gut miteinander verbinden und niemand sollte gleich drauflos in die Extreme jagen.

Der Gedanke, dass es eine Yeshiva gibt, die den Studenten ein klein wenig auf eine chassidische Zukunft vorbereitet, fand ich ausgesprochen positiv. Schade, dass gerade dieser Lerninhalt viel zu sehr vernachlässigt wird. Anstatt sich gleich bei Chabad oder Breslov hineinzustürzen, sollte derjenige Interessent erst einmal herausfinden, was Chassidut ist und wo seine individuellen Stärken oder Schwächen liegen. Komme ich mit dem chassidischen Leben überhaupt klar und wenn ja, wie weit will ich gehen ? Alleine entscheiden und herausfinden, ohne das einem, wie bei Chabad, alles vorgekaut wird. Ich jedenfalls bin von der Idee begeistert und wünschte mir, dass sich mehr Yeshivot dieses in ihre Lerninhalte aufnehmen.

Außerdem bin ich eh ein Freund des selbständigen Lernens, eigene Gedanken zu äußern und mit Leuten darüber zu diskutieren. Im relig. Sinne und Rahmen natürlich, doch ist es wichtig, seinen eigenen Kopf / Persönlichkeit zu bewahren und nicht irgendwo auf der Strecke zum "Wohle" einer einzigen Gruppenideologie zu verlieren.
Aber selbst nach einigen Jahren des Studiums ist nicht jeder in der Lage oder überhaupt bereit, sein vorheriges Leben völlig aufzugeben. Ins Kino zu gehen, weltliche Bücher zu lesen, Popmusik zu hören, etc. Das muss auch nicht immer der Fall sein, wenn man sich auf kleinere offene chassidische Gruppen konzentriert und sich selber die Ziele nicht zu hoch steckt. Wie gesagt, ein Bein hier und eines dort. So gleicht sich der Druck aus und man verfällt nicht unbedingt in Depressionen.

Und wie sich denn "Derech HaMelech" finanzieren ?
Raphael Kalish beginnt zu lachen und weist mit dem Finger nach oben: "G - tt sorgt für uns ! Wir erhalten Spenden und derzeit läuft auf unserer Website ein "Raffle - eine Verlosung". Derjenige, der spendet, nimmt automatisch an einer Preisverlosung teil".

Wenn ich männlich wäre und ernsthaft vorhätte, den Chassidismus in Verbindung mit Thorastudien zu lernen, und noch dazu mit dem Gedanken spiele, mein Leben der Chassidut zu widmen, dann würde ich eine Einschreibung in "Derech HaMelech" sicher in Erwägung ziehen. Es muss nicht immer eine große Yeshiva sein; gerade ein kleiner Kreis baut einen mehr auf und schafft tiefere Kontakte als eine Massenabfertigung wie in großen Yeshivot.

Derech HaMelech bietet Stipendien und derzeit nehmen zwei Schüler diese in Anspruch.

Website mit allen Infos:
http://www.derechhamelech.org

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