Dienstag, 24. Juni 2008

Philosophie im Chassidismus ?

B"H

Eines stößt mir oftmals ganz besonders auf; und das ist wenn ich mir den Stundenplan haredischer Schulen anschaue.

Wenigstens haben sich schon vor einiger Zeit einige chassidische Gruppen wie Vishnitz dazu entschlossen, den Englischunterricht in den Lehrplan mit aufzunehmen. Das ist doch immerhin etwas, obwohl, wenn man die Realität näher unter die Lupe nimmt, überrascht die Entscheidung ganz und gar nicht. So sollen doch gerade haredische Frauen die Männerwelt ernähren und arbeiten gehen. Und Jobs finden sich teilweise heute nur, wenn man auch vom Englischen eine Ahnung hat. Beispiel: High Tech Branche.

Aber ich will keine Vorurteile schüren, denn nicht in der gesamten haredischen Welt besteht nur eine Meinung bzw. eine ausgemachte Männerwelt, die gegen die Frauen losgeht. Heutzutage ist es immer angebrachter, den Individualfall zu betrachten und nicht zu verallgemeinern.

Was mich jedoch verallgemeinern läßt ist, dass, zum Beispiel, die Philosophie auf keinem haredischen Lehrplan zu finden ist. Bei den Breslover Chassidim gleich gar nicht, denn ausgerechnet der Begründer Rabbi Nachman untersagte seinen Chassidim jeglichen Kontakt mit der Philosopie, da diese nur eine Verweltlichung des Juden hervorrufen würde. Rabbi Nachman meinte damit auch die jüdische und somit die Philosophie (Führer der Unschlüssigen - Guide of the Perplexed) des Rambam (Maimonides). Bei Chabad ist übrigens das genaue Gegenteil der Fall und der Rambam wird bis zum Erbrechen zitiert.

Bis fast zu Zeiten des Saadia Gaon im 9. / 10. Jahrhundert gab es fast gar keine jüdische Philosopie. Der Grund ist denkbar einfach: Es bestand einfach kein Bedürfnis.

Natürlich gab es auch vorher schon Juden (u.a. Philo) bzw. Rabbiner, die sich mit Aristoteles oder Plato auseinandersetzten. Doch wen interessierte das groß, wenn der Zweite Tempel zerstört worden war und das Judentum sehen mußte, dass es anhand von Halachot die Juden an Bord hielt und nicht völlig unterging. Erst mit dem Aufkommen des Islam und den Karaiten zur gleichen Zeit war auch das Judentum gezwungen, Farbe zu bekennen und den Anschuldigungen und Theorien des Moslems bzw. der Karaiten zu antworten. Rabbi Saadia Gaon zerschlug übrigens recht schnell sämtliche Karaitischen Thesen.

Von Beginn der chassidischen Bewegung (unter dem Baal Shem Tov) wie wir sie kennen, fand die Philosophie keinen Zuspruch. Philosophische Fragen, Rationales, Gründe, all das paßte nicht gerade in eine Kabbalahwelt, in der alles möglich erscheint. Rabbi Nachman bestand auf das Prinzip des "einfachen Glaubens". Man muß G - tt nur überall und in allem sehen - Seine Gründe sind oft unbegreifbar, doch müssen wir alles g - ttliche akzeptieren".

Die jüdische Philosophie besteht nun nicht gerade aus den Thesen des Aristoteles, doch eher aus schriftlichen, manchmal sogar, poetisch verfassten Thesen. Der Rambam beschäftigt eingehend mit Aristoteles und so mancher Realist befaßt sich mit der Frage, ob nicht so mancher große Rabbi doch von der griech. Philosophie beeinflußt wurde und einiges ins Judentum übernahm. Hatte nicht gerade Aristoteles das gleiche G - ttesbild, in dem er behauptete, dass G - tt nur ein einziges allumfassendes Wesen sein kann ?
Thesen, die heutzutage in keiner einzigen haredischen Welt zu hören sind. Außer von einigen Rabbis, die privat ermitteln.

Die einzige mir bekannte chassidische Gruppe, die sich ihre Intellekt lobt und rühmt, ist Chabad (Lubawitsch). Ihr Buch "Tanya" des Alter Rebben Shneur Zalman von Liadi ist ein einziges Intellektsammelsurium.

Leider, und ich muß hier sagen leider, kennen heutzutage die wenigstens haredischen Schüler noch einen Saadia Gaon, einen Rabbi Yehudah HaLevy oder einen Rabbi Shlomo ibn Gvirol.

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