B"H
Schon immer war ich neugierig darauf zu erfahren, wie denn wohl ein chassidischer Tisch in New York (Boro Park, Williamsburgh, etc.) ausschaut. Da ich in Israel lebe und nicht in den Staaten bin, fragte ich einmal herum, ob nicht jemand von dort Interesse hätte, einige Gastbeiträge zu verfassen. Yisroel, ein Chazan, sagte sofort zu und ich bin ihm sehr dankbar dafür.
Dieses ist sein erster Artikel und ich hoffe, dass das Thema bei den Lesern ankommt !
Vokabel:
ADMURIM (ADMORIM) – Adoneinu Moreinu Rabbeinu = ein chassidischer Rebbe
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Stimmen der Admorim und Ben-Zion Halberstam von Bobov:
Es gibt wohl kaum ein Gegenargument, dass die süßeste Stimme unter den heutigen Rebben die des Ben – Zion Halberstam ist.
Um mich kurz vorzustellen:
Mein Name ist Yisroel und ich bin ein Baal Teshuva (geborener Jude und im späteren Verlauf des Lebens religiös geworden). Ich bin ein begeisterter Leser von Miriam's SHEARIM. Ich arbeite als Chazan (Vorsänger in der Synagoge) und ungefähr während der letzten drei Jahre begann meine Liebe zum Chassidismus.
Es begann in einem Stiebel (kleine Synagoge) in Lakewood, New Jersey (USA), wo ich einen Schabbat verbrachte. Sobald das Eröffnungslied "Lechu Neranana" erklang, war ich hin und weg. Niemals zuvor hatte ich Leute so laut beten hören. Ich wußte von modern - orthodoxen Synagogen, die sehr litvischen Synagogen in Lakewood, in denen gewiß niemand "Lecha Dodi" zu laut sang, und ich wußte von den konservativen Synagogen. Hier jedoch wurden die Worte nicht nur laut ausgesprochen, sondern ausgerufen ! Laut herausgesungen von "Lechu Neranana bis hin zu "Et Menuchati". Jedes Wort wurde mit Leidenschaft und Intensität gausgesprochen. Als wir beim Lied "Lecha Dodi" ankamen, hörte ich eine chassidische Melodie (Niggun), bei der ich mich sogleich heimisch fühlte. Jeder sang mit – sogar die kleinen Kinder.
Es war eine Erfahrung, die mich letztendlich jene Wörter analysieren liess, welche ich seit wenigen Jahren als Chazan zu sagen pflegte. Schließlich befasste ich mich immer mehr mit dem Gebet und so lernte ich eine ganz neue Bedeutung kennen. Seit diesem ersten Erlebnis mit den Chassidim habe ich praktisch jede meiner arbeitsfreien Wochen als Chazan genutzt, um am Schabbat chassidische Gemeinden zu besuchen. Niemals zuvor fand ich bessere relig. Inspirationen als in den chassidischen Melodien (Niggunim). Immer noch entdecke ich Neues, wenn ich Gemeinden wie die der chassidischen Gruppen Satmar, Skver, Bobov, Belz und Stolin (Karlin) besuche.
Am Chol HaMoed (Zwischenfeiertage) Sukkot nahm ich am chassidischen Tisch bei Bobov in der 48. Straße teil. Nach einem ewigen Warten in der Sukkah (Laubhütte), entschied ich mich dafür, etwas die Synagoge zu erforschen; nur um zu entdecken, dass in ihr schon ein vorzeitiger Tisch stattfand. Die Synagoge war gerammelt voll (vielleicht 1000 Leute) und die Frauenemporen waren ebenso gefüllt. Das Interessante an Bobov ist, das ein Mann, welcher in den zweiten oder dritten Stock hinaufschaut, die Frauen sehen kann, falls diese stehen sollten; was sie übrigens meistens tun. Bobov scheint diesbezüglich liberaler zu sein als andere Gruppen.
Gesang und Tanz auf den vorderen Bänken (der Männer) waren sehr bewegend und intensiv. Erfolgreich gelang ich in die vorderste Reihe und schüttelte sogar dem Rebben die Hand. Er wünschte mir einen schönen Feiertag zusammen mit einem warmem Lächeln. Kurz darauf begann der chassidische Tisch in der Bobover Sukkah (Laubhütte) und es gab eine Menge zu essen. Tatsächlich stopfte ich mich bis zum Eintreffen des Rebben voll Kugel (Pastete) und Salate.
Zu Beginn sang der Rebbe "Shir HaMa'a lot" dreimal, so wie es der Brauch in Bobov ist. Die Chassidim stimmten jedesmal nach wenigen Versen mit einer Melodie ein. Jeder singt wie auf ein Stichwort. Bei Bobov wird nichts dem Zufall überlassen zu sein und Spontanität scheint ausgeschlossen. Jeder hat seinen Platz, jede Melodie ist festgelegt, jeder Ton erfolgt genau zu seiner Zeit. Nichtsdestotrotz ist diese Planung wunderbar und die Stimme des Rebben beim "Sir HaMa'a lot" zu hören liess mich nur so wegschmelzen. Zum ersten Male hörte ich ihn mit dem Mikrofon (ohne Mikro hat er eine eher dünne Stimme) und die Süße der Stimme stach auf diese Weise besonders hervor. Ich stellte mir leuchtende Farben vor, die von seinen Lippen kommen und so den süßen Gesang begleiten.
Von all den Rebben habe ich nie zuvor einen schöneren Gesang vernommen. Der zweite Rebbe (die Chassidut Bobov ist in zwei Gruppen mit je einem Rebben gespalten), Rabbi Mordechai David Unger, liegt in seinem Gesang nicht weit hinter dem Rebben Ben – Zion Halberstam. Allerdings scheint er die Wörter noch intensiver auszusprechen bzw. sie auszudrücken. Manche mögen das eine höhere Kavanah (Konzentration) nennen. Was immer es auch ist, es gleicht einer süßen Stimme in sich selbst.
Eine weitere bemerkenswerte Stimme hat der Kaliver Rebbe. Ja, sie ist ein wenig brüchig, aber dennoch einzigartig. Er scheint so ausgesprochen angesehen zu sein, dass er sogar bei der Belzer Bar Mitzwah im vergangenen Jahr gebeten, einige Lieder vorzutragen. Einer meiner weiteren Lieblingssänger ist der chassidische Rabbi Gerstner, jedoch verfüge ich über keine näheren Informationen seine Person betreffend. Falls jemand mehr weiß, kann er mich das gerne wissen lassen. Auf der DVD "Bechatzrot Kadsheinu" scheint er wie ein großer Rabbiner behandelt zu werden. Er hat eine ungewöhnlich süße Stimme. Ich hörte ihn das berühmte Lied Ilan singen genauso wie er einige Segen sprach.
Aber zurück zum Bobov Tisch. Die Sukkah war bis zur letzten Kapazität gefüllt und schließlich, wie in jedem Jahr, zogen die Geiger hinter dem Rebben in Stellung. Ungefähr ein Dutzend Geiger spielten einige bekannte Lieder wie das "Kol Rina", in welches alle miteinstimmen wollten. Allerdings wurde man zur Ruhe befohlen. Der Auftritt war nicht so professionell wie der eines Orchesters, aber für die Gelegenheit war es durchaus passabel. Sicher zehnmal besser als wenn der Kretchnifer Rebbe oder der Zutchka Rebbe (so glaube ich) an Chanukkah spielen. So jedenfalls ist es ihr Brauch. Ich glaube, dass der Premishalemer Rebbe auch Violine spielt; aber besser als die anderen Rebbes.
Bobov verfügt über einen interessanten Brauch, wenn Leute von außerhalb anwesend sind. Vielleicht nicht nur dann, sondern auch zu anderen Zeiten – was ich aber bisher noch nicht miterlebte. Man verteilt riesige Bierflaschen und jede Flasche ist einer bestimmten Person von außerhalb der Stadt gewidmet. Der Gabbai schreit dann "Yossele Greem aus London" und die Flasche erreicht die ausgerufene Person. Der Empfänger teilt nach Erhalt den Flascheninhalt mit seinen Banknachbarn. Dasselbe gilt für die Shirayim, das Essen, welches der Rebbe austeilt" "Yosef Baus aus Bnei Brak" und jeder Chassid reicht das Essen an den ausgerufenen Empfänger weiter. Irgendwie landete ich dort, wo viel Bier ausgeteilt wurde und ich war fast am alkoholischen Ende. Der Gesang ging weiter und danach sprach der Rebbe für ungefähr 25 Minuten. Insgesamt war es eine wundervolle Nacht. Der Bobover Tisch ist definitiv eine Erfahrung; dennoch scheint er für mich persönlich niemals die Intensität des Skverer oder Karlin – Stoliner Tisches zu erreichen.
In den folgenden Wochen werde ich bei Satmar und Skver vorbeischauen und freue mich auf neue Berichterstattungen.
Freitag, 24. Oktober 2008
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