Donnerstag, 19. Februar 2009

"Andere Wege" - Kinder bekannter chassidischer Rabbiner verlassen die Religion

B"H

Rabbi Samson Raphael Hirsch schrieb einmal einen Kommentar warum Esav und Yaakov so unterschiedliche Richtungen im Leben einschlugen. Wie wir wissen war Esav ein Rasha (Bösewicht) und Yaakov war der Zaddik (Gerechte). Hierzu gab Rabbi Hirsch einen gewagten und gleichzeitig einzigartigen Kommentar ab:
Wenn Yitzchak und Rivka (Rebekka) nur frühzeitig genug erkannt hätten, dass sie da zwei Kinder ausgesprochen unterschiedlicher Charaktäre aufziehen, dann hätten sie unverzüglich reagieren müssen. Jedes Kind bedarf einer individuellen Erziehung und Esav war, Im Gegensatz zu seinem Bruder Yaakov, kein Typ, der sich hinsetzt und lernt. Stattdessen wollte er draußen herumtollen, unterwegs sein und seine körperlichen Kräfte zur Geltung bringen. Ein Beruf, eine Arbeit oder ausreichend sportliche Aktivitäten hätten vielleicht Esavs Hyperaktivität ausgleichen können, doch wurde er offenbar von seinen Eltern zum Lernen bewegt. Ohne Yitzchak groß zu kritisieren, aber Kinder haben ihre eigenen Wege und nicht alle Geschwister sind immer gleich veranlagt. Als Elternteil die Schwächen und Stärken des Kindes herauszufinden und es dementsprechend zu erziehen.
Hätte Esavs Zukunft bei einer offeneren Erziehung anders ausgeschaut ? Eine interessante Frage, so finde ich, doch eine befriedigende Antwort bekommen wir darauf heute nicht mehr.

Die jüdische Geschichte lehrt uns, dass sich schon einige Kinder unserer Vorväter, deren berühmter Rabbiner oder anderweitigen Gelehrten nicht immer auf relig. gerechten Pfaden entwickelten. Jedenfalls nicht so religiös wie noch ihre Eltern. Der israelische Autor David Assaf beschreibt in seinem Buch "Ne'echaz Basbach" unter anderem das Abgleiten der Söhne berühmter chassidischer Rabbiner in den Säkularismus. Andererseits fand ich Meinungen, die dagegen besagen, dass in all den von mir unten aufgeführten Fällen, die Söhne TESHUVA machten (zu G – tt zurückkehrten). Nur nicht in einem Fall, nämlich dem Sohn des Rabbi Shneur Zalman von Liadi.

Der Chassidismus besitzt unzählige positive und einzigartige Seiten, dennoch ist nie immer alles so perfekt, wie es eigentlich sein sollte. Gleich nach dem Tode des Baal Shem Tovs zerstritten sich schon dessen Anhänger bezüglich seiner Nachfolge als Oberhaupt der chassidischen Bewegung. Die ersten Konflikte begannen und die eigenen Familien blieben davon nicht verschont. Einen bekannten chassidischen Rabbiner zum Vater zu haben bedeutet noch lange keine Garantie für superreligiöse Kinder.

Dies musste schon der Gründer der chassidischen Gruppe Chabad (Lubawitsch), Rabbi Shneur Zalman von Liadi, 1745 – 1812, erkennen. Dessen jüngster Sohn Moshe nämlich konvertierte zum Christentum.

Der Sohn des Israel of Ruzhin, 1797 - 1851, verliess ebenso die jüd. relig. Wege. Dov Baer von Leove, 1817 - 1876, heiratete schon im frühen Alter von 14 Jahren. Seine Frau war Scheindel, die Tochter des Rabbi Mordechai Twersky von Chernobyl. Die Ehe war nicht besonders gut und es folgte ein Umzug nach dem anderen. Nach dem Tode seines Vaters wurde Dov Baer von seinem Bruder ins Haus im Städtchens Sadigura aufgenommen und es kamen Gerüchte auf, dass Dov Baer dort gefangengehalten werde. Später lebte Dov Baer in Czernowitz, wo er im Jahre 1869 erklärte: "Er wünschte, dass die dummen Bräuche, die rein gar nicht auf dem Judetum basieren, abgeschafft werden würden. Man solle die Dornen vom Hause Israels entfernen". Sprachs und bekam ein Anhänger der "Aufklärung (Haskalah)".

Der nächste Fall ist der des Yechezkel, des Sohnes von Rabbi Aryeh Leib von Kozmir. Auch Yechezkel verliess die relig. Bahnen und änderte seinen Namen in "Stanilaus Hoga".

Der Schwager des berühmten Apter (Opatov) Rebben Avraham Yehoshua Heshel, und Sohn des Rabbi Chaim Tirer von Czernowitz, Kalman Kalonymus, wurde zum G – tteslästerer (Apikoret). Er begann Kartenzuspielen und aß unkoscheres Essen. Daraufhin liess sich seine Frau Yocheved, die Schwester des Apta Rebben von ihm scheiden.

Me'ir, der Sohn des ungarischen Zaddik (Gerechten), Rabbi Yitzchak Eisik von Kalov, startete anscheinend seine säkulere "Karriere" nach dem Ableben seines Vaters.

Es gibt noch viele weitere Beispiele und wir sehen, dass gewiss nicht jede Familie perfekt ist. Manchmal mag es an der richtigen oder falschen Erziehung liegen; andererseits suchen nicht wenige Jude nein offeneres Leben ohne all die strengen Massregelungen und Vorschriften. Ich bin mir sicher, dass es viele weitere wichtige und individuelle fuer derlei Lebensentscheidungen gibt. Nicht jeder Heranwachsende geht nur den einen vorgeschriebenen Weg und nicht jeder drückt sich gleich aus.

In den seltensten Fällen sind Druck oder Zwang die angebrachten Erziehungsmittel und es ist unlogisch jemanden in eine Gesellschaft zu pferchen, in die er nicht passt bzw. gehört.
Vor ein paar Monaten erzählte mir eine ältere Dame der Chassidut Karlin – Stolin, dass in Stolin jedes Kind seinen Bedürfnissen nachbehandelt und gefördert wird. Allerdings werden die Heranwachsenden dann doch im Alter von ca. 19 Jahren verheiratet, damit sie eine Familie haben, Verantwortung übernehmen und nicht irgendwo anders verloren gehen.

Für einige mag dies die richtige Lösung sein, doch für andere kann sich diese Art des Lebenslaufes als persönliche Katastrophe entpuppen.

Keine Kommentare: