Dienstag, 8. Januar 2008

Die Kopfbedeckung der Toldot Aharon Frauen

B"H

Kaum eine andere chassidische Gruppe im ultra – orthod. Jerusalemer Stadtteil Mea Shearim erregt soviel Interesse bei den Außenstehenden wie die als extrem angesehenen Toldot Aharon. Ich berichte verhältnismäßig viel über sie, da ich die Frauen der Gruppe sehr zu schätzen gelernt habe. Mit den Männern blieb mir vorläufig der Kontakt versagt, da diese aus Anstandsgründen grundsätzlich nicht mit fremden Frauen sprechen.

An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Einblick in die Besonderheiten der Kopfbedeckung der Toldot Aharon Frauen geben. Fast alles beruht auf meinen eigenen Erfahrungen und Erlebnissen bei den chassidischen Tischen der Gruppe am Schabbat.



Elf Jahre ist es her, dass der vorherige Rebbe der chassidischen Gruppe Toldot Aharon, Rabbi Avraham Yitzchak Kahn, verstarb. Nach dessen Tode wählten die Gruppenmitglieder nicht wie erwartet den älteren Sohn, Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, sondern stattdessen den jüngeren Sohn, Rabbi David Kahn, zum neuen Rebben.
Rabbi Shmuel Yaakov war so verärgert, dass er daraufhin die Gruppe verliess, um seine eigene zu gründen; die Toldot Avraham Yitzchak. Viele Toldot Aharon Mitglieder folgten ihm, doch verbindet beide Gruppen nach wie vor das gleiche Sidur (Gebetbuch) Tehilla u'Beracha sowie der Kleidungsstil. Anzumerken sei, dass die Toldot Avraham Yitzchak, die Gruppe des Rabbi Shmuel Yaakov, auch nebenbei ihr eigenes Sidur eingeführt haben. Trotz allem aber sind die Toldot Aharon die zahlenmäßig weitaus größere Gruppe der beiden.

Rein äußerlich kann man die Gruppenmitglieder beider Gruppierungen kaum auseinander halten, denn sie tragen die gleiche Keidung. Auch die Kopfbedeckungen der Frauen sind identisch und wenn ich daher hier von den Toldot Aharon rede, dann meine ich ebenso die Avraham Yitzchak.

Die eher "rebellische" oder besser gesagt, die moderne Toldot Aharon Frau bedeckt ihren Kopf mit der traditionellen Yasameh, welche nicht den Hals bedeckt. Die "Yasameh" ist ein Tuch, welches um den Kopf gebunden wird, denn jede verheiratet orthod. Frau bedeckt nach der Hochzeit ihr Haar. Dieses ist Halacha (jüd. Religionsgesetz) und unabhängig davon ob chassidisch oder nicht. Jede orthodoxe jüdische verheiratete Frau bedeckt ihr Haar und die Toldot Aharon machen dies auf eine etwas befremdliche Art und Weise.
Die spezielle Yasameh der Toldot Aharon Frauen ist am Schabbat und an den Feiertagen weiß und innerhalb der Woche schwarz. Nicht immer handelt es sich bei ihr um ein Tuch, sondern es könnte theoretisch genauso eine Art Haube sein.





Auf alle Fälle drückt die jeweilige Toldot Aharon Frau einiges mehr anhand ihrer Kopfbedeckung aus. Wie ich zuvor oben berichtete, bedecken die moderneren Frauen nicht unbedingt ihren Hals bzw. Nacken. Andere hingegen tragen eine Yasameh, die nur ihren Nacken, nicht jedoch ihren Hals bedeckt. Beiderlei Arten von Kopfbedeckungen kommen sehr häufig vor.

Der dritte Typ ist die extrem konservative Frau. Sie trägt ein langes Tuch um den Kopf, dessen Enden hinunter bis auf die Brust reichen. Diese Art der Kopfbedeckung drückt aus, dass sich jene Frau uneingeschränkt an alle internen Gruppenregeln (Takanot) halt. Sie ist mit der Tradition verbunden und diesen Typ Frau sieht man "nur" ab und an. Was nicht bedeutet, dass andere Frauen die Takanot nicht einhalten. Dieser Typ Frau ist nur strenger in ihrer privaten Einhaltung.

Was ich an dieser Stelle nicht tue ist, auf die spezielle Kopfbedeckung vieler chassidischer Frauen, den "Spitz" einzugehen.

Was meiner Freundin und mir immer wieder bei den chassidischen Tischbesuchen auffiel war, dass die Frauen (sowohl Toldot Aharon als auch Avraham Yitzchak) offensichtlich noch ein weiteres Teil unter ihrer Yasameh trugen. Zuerst konnten wir nicht genau herausfinden, was sich genau unter der Yasameh befindet und die Frauen zu fragen war mir etwas peinlich. Jedenfalls nicht solange, bis ich jemanden bestimmtes von ihnen näher kenne.

Viele der Frauen haben den Brauch, ein Stück Schaumgummi zwischen ihren Kopf und der ihn bedeckenden Yasameh zu legen bzw. zu befestigen. Dieses Stück Schaumgummi befindet sich immer am Hinterkopf und mir sind bisher zwei verschiedene Arten davon aufgefallen. Erstens ein größeres rechteckiger Stück Schaumgummi (ca. 3 – 4 cm lang) und ein zweites, welches die Form eines Hufeisens zu haben scheint und nur einen Durchmesser von ca. 2,5 cm hat. Als Grund wird angegeben, dass die Frauen meinen, der Schaumgummizusatz gebe der Kopfbedeckung einen gewissen Grad an Attraktivität. Ein anderer Grund könnte sein, dass die Frauen ihrer Kopfbedeckung ganz einfach mehr Halt geben wollen.

Die Frauen der Toldot Aharon und Avraham Yitzchak haben den Brauch, ihre Haare ein oder zwei Tage nach der Hochzeit abzurasieren.
Jemand fragte mich, ob denn nicht manche nur ihre Haare einfach ganz kurz schneiden. Zufolge dem, was wir beobachteten, werden die Haare jedoch ganz abrasiert, was man an der eng anliegenden Yasameh erkennen kann. Was ich nicht unbedingt nachvollziehen kann ist, dass sie soviele Leute für den Haarstil der Toldot Aharon interessieren. Wieso sich die Frauen da die Haare abscheren und was das für persönliche Traumata mit sich bringen kann ? Dabei vergessen viele Leute daran zu denken, dass der Prozeß des Haareabrasierens eine lebenslange Prozedur ist. Es kann definitiv sein, dass die jung verheirateten Mädels beim Blick in den Spiegel nach der Rasur einen Schock bekommen. Andererseits sollte man bedenken, dass die Mädchen von kleinauf so erzogen werden und sie wissen, was auf sie zukommt. Wenn es dann soweit ist, reagiert jeder anders. Ich bin mir sicher, dass das Abrasieren der Haare immer einen Effekt auf die jeweilige Frau haben wird. Selbst noch nach Jahren der immer fortkehrenden Prozedur.

Sobald ich noch mehr über die Kopfbedeckungen in Erfahrung bringen kann, berichte ich davon.

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

eine bekannte von mir, mit der ich auch mal auf eine tisch-tour gegangen bin, hat bei einem der tische von KARLIN STOLIN ein (sehr offenes) maedchen von TOLDOT AHRON (damals hat der fruehere toldot ahroner rebbe noch gelebt) kennengelernt und mit ihr laengere zeit kontakt gehalten. durch diese offenheit, ist selbstverstaendlich auch das thema haareschneiden/abrasieren aufgekommen. das toldot ahroner maedchen (sie war uebrigens schon eine kalle), hat gemeint, dass diese gesellschaft andere vorstellungen von schoenheit hat als die "weltoffene" gesellschaft. diesen menschen gefaellt sowas und es hat eine gewisse anziehung. sowohl der dresscode als auch die sache mit dem haar.

meine bekannte wurde sogar noch so "radikal" bzw chassdisch, dass man sie am ende mit einem breslever burschen (chozer bitshuwa) verschadchet hat und beide heute gluecklich ein voll chassidischen haushalt a la ultra breslev fuehren.

lg
fritzi

Miriam Woelke hat gesagt…

B"H

Na, dann Mazal Tov. Wenigstens braucht sie bei Breslov nicht die Haare abschneiden.

Aber das stimmt schon; unser insbesondere westliche Hollywood - Schoenheitsideal passt nicht nach Mea Shearim.
Ich habe auch schon junge Toldot Aharon - Maedels getroffen, die es gar nicht erwarten koennen, unter die Haube zu kommen und Kinder zu kriegen.

Leider aber gibt es, wie ueberall, auch negative Erfahrungen und ich denke, dass trotz allem Enthusiasmus der erste Moment nach der neuen "Frisur" ein Schock ist.

Anonym hat gesagt…

MÜSSEN chassidische Frauen eigentlich einige Schritte hinter ihren Männern hergehen, wie auf obigem Bild zu sehen?

Miriam Woelke hat gesagt…

B"H

Bei den TOLDOT AHARON ist es tatsaechlich der Fall, dass Frauen HINTER den Maennern laufen muessen. Dies betrifft auch den eigenen Ehemann.

Die Toldot Aharon naemlich haben diese regelung so in ihrer internen Verfassung, den Takanot, festgelegt !

Ihre Splittergruppe, die Toldot Avraham Yitzchak, verfuegen teilweise ueber die gleichen Takanot, doch wird bei ihnen einiges lockerer gehandhabt. Aus diesem Grunde weiss ich soweit nicht zu sagen, ob bei ihnen entsprechende Regelung genauso gilt, kann es aber, bei Bedarf, herausfinden.

Ansonsten ist mir keine
weitere chassidische Gruppe bekannt, welche dieser Regelung folgt !

Allerdings gibt es, wie in New Square (bei New York), eine allgemeine Regelung, dass Frauen und Maenner auf getrennten Gehwegen laufen. Die Frauen hier und die Maenner gegenueber.
Dies aber gilt nur wieder im chassidischen New Square der chassidischen Gruppe SKVER.

Anonym hat gesagt…

"kann es aber, bei Bedarf, herausfinden"

Mich würde es jedenfalls interessieren. Danke schon mal für die bisherige Antwort!

Miriam Woelke hat gesagt…

B"H

Ich werde MO oder DIE jemanden von den Avraham Yitzchak anrufen und fragen.

Miriam Woelke hat gesagt…

B"H

Die Toldot Avraham Yitzchak folgen den gleichen Takanot wie die Toldot Aharon. Jedenfalls jenem Inhalt, der bestand als sich beide Gruppen spalteten (vor ca. 12 Jahren). Danach machten die Rebben beider Gruppen eigene, fuer ihre Gruppe gueltige, interne Gesetze. Heisst, Zusaetze und Neuheiten.

Laut den Takanot folgen auch die Frauen der Avraham Yitzchak ihren Maennern, doch nicht alle Paare halten dies strenggenommen ein.

Anonym hat gesagt…

Danke!

Anonym hat gesagt…

Hier ist ein sehr schöner Text über die Chassidim in New York aus einer österreichischen Tageszeitung. Er stammt zwar bereits aus dem Jahr 2007, ist aber immer noch interessant zu lesen.


http://tinyurl.com/ckcq4p