Mittwoch, 3. Juni 2009

Sündenböcke

B"H

Ich traute kaum meinen Augen als ich heute morgen den YNET - Artikel las, in welchem die säkulere israelische Presse beschuldigt wird, die Haredim (Ultra - Orthodoxe) stets negativ vorzuverurteilen. Hetzerische Meinungsmache und Hetze verbreitet.
Dies sagt ausgerechnet YNET, denn die Site samt ihrer Zeitungsausgabe "Yediot Acharonot" ist mit eine der hetzerischsten Elemente, wenn es um die religiöse jüdisch - orthodoxe Welt geht. Allerdings wird YNET noch von Haaretz überboten.

Nicht gerade begonnen, aber extrem verschlimmert hat es sich unter dem ehemaligen Premierminister Ariel Sharon, der da die Medien nutzte, um seine Räumpolitik von Gush Katif durchzusetzen. Und dann mussten die nationalrelig. Siedler gleich mit dran glauben.
Heute (sowie damals) wissen (wussten) wir, dass sich all die Haßverbreitung nur allzu destruktiv auf unsere israelisch - jüdische Gesellschaft auswirken kann. Es gibt keinen Grund, warum ein Säkulerer aus dem Großraum Tel Aviv seinen Mitjuden aus der Shomron (Samara) oder von anderswo hassen soll. Die säkulere Presse verursachte so einen der größten "Chilul HaShem" (Schändung von G - ttes Namen). Das Ergebnis war, dass die nichtjüdische ausländische Presse eifrig nachzog und in Ruhe konnte sie sich auf israelisch - jüdische Quellen berufen, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen. Andererseits, und das darf nicht unerwähnt bleiben, hegen die Haredim genauso ihre Vorurteile gegen die säkulere Welt - und gespart wird damit erst recht nicht.

Unsere größte Herausforderung scheint heutzutage die Vereinigung dieser beiden sich so fremden Welten zu vereinigen. Anscheinend sollten wir unverzüglich damit beginnen und nicht erst auf den Meschiach warten, damit der alles regelt.

Heute früh jedenfalls wurde ich in der Bäckerei wieder einmal mehr Zeuge eines Diskurses (vielleicht trifft die Bezeichnung "Mißverständnis" eher zu), der uns aufzeigt, wie stark die Meinungen verhärtet sind:

Ich sass noch in der Bäckerei und trank eine Tasse Kaffee als ein junger amerikanischer haredischer Yeshiva - Student (relig. Schule) mit schwarzem Hut und Anzug den Laden betrat. Er kaufte eine Kleinigkeit und betonte dann beim Bezahlen, dass er Student sei.

Die Bäckerei gewährt Studentenrabatte und so wollte er anzeigen, dass er eigentlich berechtigt ist, weniger zu zahlen.

Unser Geschäftsführer hingegen fragte den "Schwarzen Hut", wo er denn studiere.
"Yeshiva" (relig. Schule), antwortete der. Der Geschäftsführer seinerseits machte deutlich, dass er einen Studentenausweis sehen wolle. Es könne ja sonst jeder daherkommen. Und weiter fragte er den "Schwarzen Hut", ob er denn in der israelischen Armee gedient habe. Der Yeshiva Typ war beleidigt und sagte "NEIN, er habe nicht gedient". In dem Moment fühlte er sich diskriminiert und begann rot zu sehen. Hierbei erweckte er allerdings den Anschein, dass er sich zu sehr auf die Frage nach der Armee bezog als auf den geforderten Studentenausweis. Es war nur allzu offensichtlich, dass seine Yeshiva ihn auf säkulere Juden getrimmt hatte. Jene die da meinen, Haredim seien zu faul, um zur Armee zu gehen und eh nur Parasiten der Gesellschaft sind.

Der Geschäftsführer wollte weiterhin den Studentenausweis sehen bevor er einen Rabatt gewährte und der Yeshiva Typ stellte seine Gegenargumentation, von wegen ihn auf die Armee anzusprechen, zwecks fehlender Hebräischsprachkenntnisse ein.
Hinterher sagte ich zum Geschäftsführer, dass der junge Haredi jetzt hinaus in die haredische Welt marschiere und lauthals verkünde, wie er da von einem Säkuleren angemacht worden ist. Dabei verpasste der "Schwarze Hut" eine wichtige und somit die eigentliche Botschaft: Es ging um das Vorzeigen eines Studentenausweises und nicht um die Frage nach der Armee. Der Yeshiva Typ hörte allem Anschein nach nur das, was er hören wollte und vergass den eigentlichen Kommunikationsgrund.

Litvische Haredim (im amerikanisch - relig. Slang auch "Black Hats - Schwarze Hüte" genannt.

Anstatt richtig zuzuhören und sich offener der Meinung des Gegenüber zu zeigen, akzeptieren wir nur unsere eigene Sichtweise und bestehen darauf. Dies geht uns alle an, aber Patensrezepte liefere ich nicht.

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