Sonntag, 30. März 2008

Schirayim

B"H

Jedesmal ist es immer wieder eine Show, wie sich die Chassidim am Freitag abend (beim chassidischen Tisch) um den Tisch des Rebben drängen bzw. gierig nach dem herumgereichten Essen greifen. Nicht jeder Rebbe, doch die Mehrheit schon, ißt bei seinem chassidischen Tisch am Erev Schabbat (Freitag abend).

Bei einem Tisch des Rebben einer chassidischen Gruppe handelt es sich um ein öffentliches Treffen zwischen ihm und seinen Chassidim in der Synagoge. Bei großen chassidischen Gruppen sitzt der Rebbe an einem langen Tisch zusammen mit den wichtigsten Rabbiner der jeweiligen Gruppe. Hierbei ißt der Rebbe gewöhnlich nur ein paar Häppchen und reicht den Rest des Mahles an die Chassidim herum. Meistens auf Tabletts oder Tellern. Jeder nimmt sich dann ein paar Brocken bzw. Krümel. Gegen Tischende werden Früchte und Kuchenstücke verteilt. Für die Frauen habe ich diesbezüglich schlechte Nachrichten, denn außer bei den Kretchnifer Chassidim bekommen sie nie etwas ab. Bei Kretchnif hingegen kann Frau schon mal zu einem Kuchenstück kommen.

Zu Beginn fragte ich mich, warum sich die Chassidim so danach drängeln, vom angetouchten Essen des Rebben etwas abzubekommen. Als ich den Grund dafür herausfand, betrachtete ich jedoch alles mit anderen Augen. Obwohl ich dennoch auf kein angegrabbschtes Essen stehe.

"SCHIRAYIM" - so heißt das Essen, welches der Rebbe mit seinen Chassidim teilt. Zuerst einmal ist es ein Privileg, jene Stücke Nahrung zu sich zu nehmen, über welche der Rebbe einen Segen gesprochen hat. Zum anderen bauten die Chassidim die kabbalistischen Ideen des Rabbi Yitzchak Luria aus; sobald der Rebbe einen Segen über sein Essen spricht (von dem er danach einen Großteil an seine Chassidim weiterreicht), setzt er die sogenannten Netzizot (sparks, Funken) frei, welche somit zu ihrem Ursprung zurückkehren.

Bei den "Netzizot" handelt es sich um eine Metaphor aus der Lurianischen Kabbalah. Bei der Erschaffung der Welt zog G - tt Seine unbegrenzte Macht zurück, um so Platz für eine unvollkommene Welt zu schaffen. Er erschuf die Welt also nicht mit Seiner unbegrenzten perfekten Macht, sondern schränkte Sich ein. Um die Welt in einen absolut perfekten Zustand zu bekommen, müssen wir gewisse Netzizot (Funken) zu ihrem Ausgangsort zurückführen.

Diese Funken fielen metaphorisch einmal von den höheren Welten in unsere materielle Welt und unsere Aufgabe ist es, sie wieder nach oben zurückzubringen. Dies geschieht durch die Einhaltung der Mitzwot (Thoragesetze) sowie dem Essen, wenn wir vorher einen Segen sprechen. Wir benutzen also die materielle Welt für heilige Zwecke. Aber auch wenn Männer Tefillin (Gebetsriemen) und Zizit tragen, kommen eben jene Funken frei. Des Weiteren bewirken wir sehr viel, sobald wir uns für ein Leben nach den Mitzwot entscheiden.

Daher ist es so wichtig, einen wenn auch nur winzigen Teil vom Mahl des Rebben zu bekommen. In der Chassidut ist er meistens ein Zaddik - Gerechter (zumindest die früheren Rebbes) und somit hat er die Kraft, viele Netzizot in die oberen Welten zu führen. Die Chassidim sehen sich als Teil davon und fühlen sich genauso durch den Zaddik erhoben.

Das Zaddik - Konzept ist heutzutage nicht immer das, was es einmal war. Viele heutige chassidische Rebben sind keineswegs mehr die großen Gerechten, die ihre Vorväter einmal waren. Heutzutage sagt man auch nicht immer, dass der Rebbe ein Zaddik ist, sondern das er der Sohn eines Zaddiks ist.

Siehe hier einen ähnlichen Artikel zum Thema.

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