Dienstag, 1. September 2009

Ssshhhhhhhhhhhhhhh

B"H

Am vergangenen Erev Schabbat (Freitag abend) ging ich mit einer Freundin zum Tisch des Belzer Rebben. Die große Synagoge (Beit Midrasch) der Chassidut Belz ist gigantisch und wer davor steht, ist überaus beeindruckt. Das Design erinnert an die alte Belzer Synagoge im einstmals polnischen Städtele Belz. Heute ist Belz Teil der Ukraine.

In der Synagoge ist alles extreme sauber und genau das ist der Stil der Belzer Chassidim: Sie sind überaus organisiert in allen Lebenslagen. Alles verläuft nach Plan und alles funktioniert.
Wir kamen etwas später zum Tisch von Rebbe Yissachar Dov Rokeach, der schon Kiddusch (Segnung des Weines) gemacht hatte. Er verteilte gerade die Schirayim der Challot (Schabbatbrote). "Schirayim", so wird das Essen genannt, welches der Rebbe beim Tisch an seine Chassidim weiterreicht. Zuerst sagt er einen Segen darüber; in der Chassidut heißt es, dass, wenn der Rebbe (Zaddik - Gerechter) einen Segen über das Essen spricht, er die Kraft besitzt, sich selbst sowie seine Ungebung in die oberen spirituellen Welten zu befördern. Genau deswegen streben alle Chassidim danach, die Schirayim zu bekommen.

Beim Belzer Tisch werde die Namen jener Chassidim laut ausgerufen, welche die Schirayim bekommen. Ein Belzer erzählte mir, dass ein jeder Chassid habe seinen Stammplatz beim Tisch und demnach stehen immer die gleiche Chassidim um ihn herum. Der Ausgerufene erhält die Schirayim und teilt sie dann mit seiner Umgebung.

Wie ich schon erwähnte, Belz ist bestens organisiert und alles verläuft nach einem geordneten Plan ab. Inmitten der Lieder, die gesungen werden sowie der Schirayim, nimmt Rebbe Yissachar Dov Rokeach sich enorme Zeit zu beten. Vor ihm liegt ein aufgeschlagenes Gebetbuch, in welches er sich oft vertieft. Tut er dies, so herrscht absolute Ruhe. Niemand darf reden oder sich sonst irgendwie bewegen, denn der Rebbe befindet sich im meditativen Gebet.

Natürlich gibt es immer Leute, die reden, aber Belz hat vorgesorgt. Es befinden sich genügend Aufpasser dort, deren Aufgabe es ist zu schauen, wer zum Tisch kommt. Schaut jemand nicht gerade seriös aus, kann er abgewiesen werden oder er bekommt einen speziellen Einzelplatz. Zugleich sorgen die Aufpasser ebenso für Ruhe und sonstige Ordnung."Sssshhhhhhhhhhh !" Dieses Zischen vernimmt man die ganze Zeit über. Auf der Frauenempore (Ezrat Naschim), was so ziemlich ungewöhnlich ist, geht des Öfteren ein älterer Chassid auf und ab und sorgt dort mit seinem ärgerlich klingenden "Ssshhhhhhhhh" für Ruhe. Ich fragte einen Belzer Chassid, warum denn gerade ein Mann auf die Frauenempore steigt, um dort für Ruhe und Ordnung zu sorgen, aber der Belzer zeigte sich unbeeindruckt und meinte, das sei halt der Job des 90 - jährigen Chassid.

Beim letzten Tisch stellte sich der ältere Chassid in eine Ecke und war somit imstande, beide Seiten der Ezrat Naschim zu überblicken. Sobald er ein verdächtiges Geräusch vernahm, ging er auch schon einmal auf die "verdächtigen" Frauen zu und schimpfte lautstark "Schämt sich" auf Jiddisch. Manche Frauen finden dieses Schauspiel amüsant, kleinere Kinder jedoch haben angst vor dem auf und ablaufenden Chassid und seiner strengen Art.

Obwohl ich den Belzer Tisch liebe, sind mir die Belzer selbst viel zu organsiert in allem. Ehrlich gesagt ziehe ich den Tisch der chassidischen Toldot Avraham Yitzchak vor, wo alles "rustikaler" zugeht. Dort steigen zwei Chassidim auf den langen Tisch und werfen die Früchte (Äpfel, Nektarinen, Weintrauben, etc.) einfach nur in die Menge der Chassidim. Selbst die Schuhe ziehen sie sich nicht aus, während sie auf dem Tisch stehen. Bei Belz wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit.


Die Belzer Beit Midrasch in Jerusalem

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